Dienstag, 14. Februar 2012

Von unterschiedlich langen Beinen – Beinlängendifferenzen

Längenunterschiede der Beine sind bei Patienten aber auch unter Therapeuten häufig diskutiertes Thema. Ihnen wird teilweise hoher Krankheitswert zugeschrieben. In der Literatur lassen sich Angaben finden, nach denen Längenunterschiede von 5 bis 8 Millimetern als tolerierbar angesehen werden. Der Ausgleich erfolgt meist mit Schuheinlagen, Schuherhöhungen oder Absatzerhöhungen. Maßnahmen, die nicht billig sind, und häufig eine Verstärkung bestehender Beschwerden auslösen. Ein Grund, dass solche „Heilmittel“ oft nach kurzer Zeit im Mülleimer landen.

Unterschiedlich lange Beine können natürlich nur dann ausgeglichen werden, sofern sie tatsächlich vorhanden sind. Obwohl bei schätzungsweise mindestens 80% aller Menschen Unterschiede bei erster Betrachtung auffallen, haben nur etwa 5% davon tatsächlich unterschiedlich lange Beine. Hierin liegt die erste Fehleinschätzung, aus der Verschlimmerungen entstehen können, denn es muss zwischen tatsächlichen (anatomischen) und scheinbaren (funktionellen) Beinlängendifferenzen unterschieden werden.

Echte – anatomische - Unterschiede
Tatsächliche oder anatomische Unterschiede der Beinlängen entstehen überspitzt ausgedrückt beispielsweise durch Amputationen. Sie können aber mit vergleichbaren Auswirkungen auch die Folge von Fehlentwicklungen während der kindlichen Entwicklung im Mutterleib sein. Im Erwachsenen können Unfallfolgen, z. B. nach Trümmerfrakturen dafür verantwortlich sein. Dass in solchen Fällen eine Verlängerung des kurzen Beins sinnvoll sein kann, dürfte einleuchten. Erfahrungsgemäß gehören aber nur etwa 5 % aller Betroffenen dieser Gruppe an. Der Längenausgleich ist in diesen (wenigen) Fällen sinnvoll und angezeigt.


Scheinbare – funktionelle – Unterschiede
Bei den funktionellen Beinlängenunterschieden erscheinen die Beine unterschiedlich lang.Tatsächlich haben sie jedoch die gleiche Länge. Der Unterschied wird durch eine Kippung des Beckens hervorgerufen. Deshalb kann ein Unterschied beobachtet werden. Angenommen das linke Bein erscheint bei der Betrachtung kürzer. Sofern dieser Unterschied mit einer Schuherhöhung ausgeglichen wird, wird dadurch die Stellung des ohnehin gekippten Beckens extremer und die bestehenden Rückenbeschwerden werden sich wahrscheinlich noch verstärken. Der Grund, warum beinverlängernde Einlagen, Schuh- oder Absatzerhöhungen meist nur kurze Zeit ertragen werden.

Der Krankheitswert funktioneller Beinlängenunterschiede 
Vielfach werden von Betroffenen Rückenbeschwerden unzutreffend auf die angeblich unterschiedlich langen Beine zurückgeführt. Spätestens, wenn mit geeigneter Therapie die Beckenstellung korrigiert wurde, wird dann in aller Regel bemerkt, dass sich an den Rückenbeschwerden absolut nichts geändert hat.


Klaus Radloff

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