Samstag, 26. Mai 2012

Schiefhals (Torticollis), Ursache: Gallenblase


Die Patientin bot ein mitleiderregendes Bild: den Kopf nach rechts gedreht und geneigt, bei jedem Schritt zusätzliche, messerstichähnliche Schmerzen zum ohnehin hohen Grundschmerz. Das Hinlegen auf die Therapieliege war ihr fast nicht möglich. Den Vormittag hatte sie bei einem Orthopäden verbracht, der ihr Mengen von Ibuprofen ergebnislos injizierte.

Die Befundung mit den Mitteln der chinesischen Medizin

Veränderungen des Bindegewebes und Ergebnisse der Ohr-Reflexzonen-Kontrolle ergab eindeutige Hinweise auf eine "gekränkte" Gallenblase als Verursacher. Dafür sprach auch ihr gestriges Abendessen. Bei einer Party gab es viele, mit Mayonnaise angereicherte Salate und Eierspeisen, danach endlos viele geröstete Erdnüsse zu den Cocktails. Der einzige Schönheitsfehler in der Vorstellung der Patienten war, dass ihre Gallenblase bereits vor Jahrzehnten operativ entfernt worden war und somit nach ihrer Auffassung, nicht als Verursacher infrage kommen konnte.

Das Missverständnis: Ohne Gallenblase keine Beschwerden!

Vielfach wird angenommen, dass nach operativer Entfernung Gallenblase Beschwerden in diesem Bereich nicht mehr auftreten können. Das ist nichr richtig, da in den verbleibenden Gallengängen weiterhin Entzündungen stattfinden und sich auch Gallensteine bilden können. Dazu kommt, dass die Fettverdauung wegen der fehlenden Gallenblase nicht mehr optimal ist. Normalerweise wird die von der Leber gebildete Gallensäure in der Gallenblase "zwischengelagert" und erst bei Bedarf (nach Konsum fettiger Speisen) an den Dünndarm abgegeben. Nach Entfernung der Gallenblase fließt diese Säure kontinuierlich während des ganzen Tages, also unabhängig von der Fettzufuhr und so kann es passieren, dass bei besonders fettigen Speisen die Menge der Gallensäure nicht ausreicht. Daraus können dann Beschwerden resultieren, die einer Gallenkolik entsprechen. Oder es findet, wie in diesem Fall, eine Reizübertragung auf das Zwerchfell statt, die via dessen Nerv, in die Halswirbelsäule transferiert wird. Über den anatomisch-funktionellen Zusammenhang  ist hier nachzulesen:

http://medizinkritisch.blogspot.com/2011/06/schulter-nackenschmerzen-wegen.html

Nachbemerkung für alle die sich für gallenblasenempfindlich halten: in diesen Fällen lohnt sich der Blick "zurück" auf dem WC. Normalerweise sollte der Stuhlgang etwa kastanienbraun gefärbt sein. Verändert sich dessen Farbe jedoch in Richtung heller und gelblicher, dann wird damit signalisiert, dass die Menge der Gallenflüssigkeit nicht ausreicht um Fette zu verdauen. Fettarme Ernährung ist dann angesagt, um Nacken-und Schulterbeschwerden, ja sogar Beschwerden im Sinne des Golferellenbogens zu vermeiden.

Die Behandlung

die Behandlung der Patientin bestand im Wesentlichen darin, ihr Eis auf der rechten Rippenbogen, vorn und am Rücken zu platzieren. Weitere Eisanwendungen erfolgten im Bereich der Nackenmuskulatur. Nach etwa einer halben Stunde war der Zustand erträglich geworden. Bei der Anwendung von Eis ist es wichtig, es keinesfalls länger als etwa eine halbe Minute auf einem Platz liegen zu lassen. Erst nach Ablauf von einigen Minuten kann die Anwendung wiederholt werden. Bei zeitlich längeren Anwendungen von Eis besteht die Gefahr, dass der Körper eine reflektorische Wärmebildung erzeugt, und das so das Gegenteil des angestrebten Effektes (Kühlen) erreicht wird.

Ursachen von Beschwerden der Halswirbelsäule

Erfahrungsgemäß beruht die Mehrzahl aller Beschwerden der Halswirbelsäule auf Ursachen, die von Organen des Bauchraums oder den Atmungsorganen über den Nerv des Zwerchfells, den Nervus Phrenikus, in die Halswirbelsäule übertragen werden. Die so übertragenden Reize verursachen nicht nur Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule. Sie sind ebenso Auslöser für arthrotische Veränderungen der Wirbelgelenke der Halswirbelsäule, wie auch Ursache für Bandscheibenvorwölbungen und Bandscheibenvorfälle.

Selbst nach traumatischen Einwirkungen auf die HWS spielt deren Verbindung zum Zwerchfell oft eine tragende Rolle. Normalerweise sind bei Verletzungen, bei denen die Struktur nicht zerstört wurde, die Selbstheilungsmöglichkeiten des Körpers sehr ausgeprägt und es sollte zur Ausheilung kommen. Das geschieht jedoch nicht, wenn Störungen und Erkrankungen innerer Organe diesen Selbstheilungsprozess ständig entgegen wirken.

Allgemeiner Hinweis

Sollten Sie unter häufig auftretenden Schulter-Nackenbeschwerden leiden, ist es zu empfehlen den hier geschilderten Zusammenhang zwischen den inneren Organen und der Halswirbelsäule zu beachten und statt einer Behandlung der Halswirbelsäule die tatsächlichen Verursacher internistisch behandeln zu lassen.

Klaus Radloff

www.klaus-radloff.com


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5 Kommentare:

  1. Sehr geehrter Herr Radloff,

    ist bei der Patientin eine gründliche interdisziplinäre Untersuchung erfolgt? Auch wenn Sie als in der alternativen Medizin Tätiger dies vielleicht nicht unbedingt befürworten, ist eine umfassende Abklärung dringend erforderlich. Diese Abklärung sollte man der Patientin dringend anraten. Ein Dystonie-erfahrener Neurologe muss auf jeden Fall hinzugezogen werden bzw. ist die zunächst hinzuzuziehende Fachdisziplin. Sicher ist Ihnen bekannt, dass es einige Formen des Torticollis gib, dazu gehört z.B. neben dem muskulären auch der neurogene Toticollis. Die Ursachen und der Ort des Geschehens sind bei beiden Formen völlig unterschiedlich. Auf der Seite der Schweizerischen Dystonie Gesellschaft findet man mehr Informationen dazu www.dystonie.ch.

    Mit den besten Grüßen
    U.E.K.

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  2. Lieber U.E.K.
    In diesem Fall handelte es sich um die Wirkungsbeobachtung einer Maßnahme zur Ersten Hilfe. Wäre die nicht erfolgreich gewesen, wären selbstverständlich weitere Untersuchungen angesagt gewesen.

    Mir war es aber wichtig zu zeigen, dass es sich nicht um eine orthopädische oder neurologisch bedingte Erkrankung handelte, sondern ganz simpel eine erkrankte Gallenblase (oder auch ein anderes Organ) der Verursacher sein kann. Ein häufiger Zusammenhang, der auch von Neurologen üblicherweise nicht erkannt wird.

    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus Radloff

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  3. Sorry, ich vergaß den m.E. verantwortlichen Zusammenhang zwischen dem Diaphragma und der HWS zu erwähnen. Wäre doch eine vermutlich dankbare Aufgabe für Neurologen, sich damit zu beschäftigen.

    http://medizinkritisch.blogspot.com/2011/06/schulter-nackenschmerzen-wegen.html

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  4. Hi,

    ich habe übe die traditionelle chinesische Medizin fast nur Gutes gehört.

    Meiner Mutter ist ebenfalls die Gallenblase entfernt worden und hat ähnliche Symptome.

    Das ist ein sehr interessanter Ansatz. Diesen Zusammenhang hätte ich so niemals herstellen können. Ich werde jetzt auf jeden Fall weiteren ärztlichen Rat einholen.

    Wir hatten schon an Bandscheibenvorfall gedacht, aber in der Klinik haben wir nichts finden können.

    Liebe Grüße mit viel Gesundheit.

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  5. Hallo Jens, danke für den Bericht. Von Unfallfolgen abgesehen, habe ich seitdem mir der Zusammenhang zwischen dem Zwerchfell und der HWS bekannt ist, keine einzige Halswirbelsäule angetroffen, deren Beschwerden nicht aus dem "Bauch" kamen.

    Übrigens, wenn z.B. eine Gallenblase lange genug Ärger macht, kann es deshalb durchaus zu einem Bandscheibenvorfall dort kommen.

    Viele Grüße
    Klaus

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