Da gesetzliche Krankenkassen ihre Leistungen immer mehr
pauschalisieren und damit reduzieren, fallen ärztliche Honorare zunehmend
geringer aus. Ärzte versuchen die so entstehenden Verdienstausfälle, durch
Verkauf von Zusatzleistungen an den Patienten auszugleichen. "IGeL",
(Individuelle Gesundheitliche Eigen-Leistung) ist die Lösung.
Dafür zahlt der Patient aus eigener Tasche. Hinter dieser
Idee steht die Überlegung, dass ärztliche Leistungen, die nicht im Zusammenhang
mit der Behandlung von Krankheiten stehen, von den Krankenkassen nicht bezahlt
werden können. Dabei handelt es sich einerseits um durchaus sinnvolle,
beispielsweise vorbeugende Maßnahmen, wie Gesundheitsatteste für
Lebensversicherungen, Impfungen, prophylaktische Blutbilder und
Laboruntersuchungen, etc. Sämtlich Leistungen, die nicht im Zusammenhang mit
der Behandlung von Krankheiten stehen. Darüber hinaus wird eine große Palette
zusätzlicher, meist Therapien mit zweifelhaftem Wert angeboten, die dem
Praxisbetreiber „den Belag auf´s Brot“ bringen.
Geld stinkt nicht!
„Ich wüsste da eine sehr gute Therapie für Sie, die aber noch so neu ist, dass sie von den Krankenkassen noch nicht bezahlt wird“. So oder ähnlich beginnen viele Gespräche, mit denen „Igel“ verkauft werden sollen. Ja, und dann folgen viele Angebote, wie sie von Heilpraktikern auch gemacht werden. Der ansonsten geforderte Anspruch der Schulmedizin auf Wissenschaftlichkeit ist plötzlich ohne Belang und so werden dann – zum ärztlichen Wohl – Fußreflexzonenmassagen, Atlas- und Kranio-sakrale Therapie, Homöopathie etc. empfohlen. Derartige Behandlungen können übrigens vom Arzt auch an unausgebildetes Personal delegiert werden und so kann es geschehen, dass eine weißgekleidete Klosetbürste (Putzfrau) Therapien durchführt, die sie niemals umfassend erlernt hat.Esoterik pur: IGeL-Leistung Reiki
Die dem Reiki zugrunde liegende Idee ist, zu heilen wie es
einst Jesus tat und so sollen dann bei Behandlungen Lebensenergien vom
Behandler auf den Patienten übertragen werden. Eine Spielerei für gelangweilte
Hausfrauen, die aber auch von Ärzten als IGeL angeboten wird.
Die Chirotherapie gehört zu den Leistungen der gesetzlichen
Krankenkassen. Zahlungen durch Patienten werden mit einem einfachen Trick
möglich: Nach Ausbildung und Prüfung in der Chirotherapie wird von der
Ärztekammer die Zusatzbezeichnung „Chirotherapie“ genehmigt. Mit dieser
Genehmigung kann die Abrechnung bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV)
beantragt werden. Wird dieser Antrag nicht gestellt, bleibt die Chirotherapie
eine vom Patienten zu bezahlende Leistung. Bereits bestehende Abrechnungsgenehmigungen
können dort auch zurückgegeben werden. Siehe: http://www.facharzt.de/content/red.otx/574,55319,0.html
Ob Kassenleistung oder nicht, es bleibt die
Tatsache, das chirotherapeutische Behandlungen in nur äußerst seltenen Fällen
länger als 5 Minuten dauern und von Kritikern als esoterischer Unsinn gesehen
werden. Beschwerden der Halswirbelsäule? Ein paar ruckartige Griffe am Hals
oder Nacken genügen? Vergleicht man die Wirbelsäule mit dem „Schiefen Turm von
Pisa“, dann kommt jeder Bauarbeiter zu dem Schluss, dass die Absicht den „Turm Wirbelsäule“
über die Stellungskorrektur der obersten Plattform unsinnig sei. Chirotherapeuten
und Chiropraktikern ist dieses Kunststück jedoch angeblich möglich.
Die Industrie versucht sich natürlich auch an diesen Boom anzuhängen und bietet Gerätschaften an, die Gesundheit bewirken sollen. Ein Beispiel dazu ist die „Stoßwellentherapie“. Stoßwellen wurden ursprünglich als nicht-invasive Behandlungsmöglichkeit von Nieren- und Harnsteinen eingesetzt. Sie werden im klinischen Bereich verwendet. Allerdings ist dort die Zahl der benötigten Geräte verhältnismäßig klein. Folglich suchte und fand die Industrie weitere Absatzmärkte dafür im ambulanten Bereich. Allerdings nicht um Steine aufzulösen, sondern zur Behandlung von Rücken- und Gelenkbeschwerden.
Fersensporn, Tennisellbogen, Achillessehnenreizung, Patellaspitzensyndrom, Dupuytrenscher Kontraktur, Knochenbruch-Heilungen sind in etwa die Indikationen, die mit starken mechanischen Schwingungen, vergleichbar mit denen eines Presslufthammers, „durchgeschüttelt werden. Diese mechanischen Reize werden kritiklos auch bei entzündlichen Zuständen angewendet. So beispielsweise bei einer Dupuytrenschen Kontraktur, einer extrem entzündlichen und hochschmerzhaften Komplikation z. B. nach Knochenbrüchen, die ansonsten mit Unmengen entzündungshemmender Medikamente behandelt wird. Wie Behandlungsberichten zu entnehmen ist, entwickeln sich danach sehr starke Schmerzen. Ärztlicherseits wird dazu gesagt, dass es bis zu 10 Wochen dauern kann, bis Beschwerdefreiheit eintritt. Eine Zeitspanne übrigens, in der auch ohne heilungsbehindernde Vorbehandlung sich derartige Zustände gelegentlich normalisieren. Kostenpunkt für diese Tortur zwischen 30 und 120 Euro pro Misshandlung.
Die Verbraucherzentralen
betrachten ebenfalls nicht alle dieser Angebote für medizinisch sinnvoll. Auch nach Auffassung der
Patientenbeauftragten der deutschen Bundesregierung, Helga
Kühn-Mengel, bieten Ärzte Maßnahmen an, deren Nutzen häufig
fragwürdig sei. Selbst der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung kritisiert,
dass Patienten zu fragwürdigen Leistungen überredet würden, und fordert
Gegenmaßnahmen und der als Kritiker von Ärzten und der Pharmaindustrie bekannt gewordene
Journalist Jörg Blech bezeichnet
IGeL als „intransparentes Gemisch überflüssiger Leistungen“. Der
Verbraucherschützer Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW nannte
die meisten solcher Zusatzangebote entweder „nicht zwingend erforderlich“,
„schlicht überflüssig“ oder gar „medizinisch fragwürdig“.Verteidigt werden
dagegen IGeL-Leistungen von ärztlicher Seite und so soll der Vorstandsvorsitzende
der Kassenärztlichen
Vereinigung Bayerns,
Axel Munte gesagt
haben: „Die Gesetzliche Krankenversicherung kann keine
Optimalversorgung gewährleisten“ und daher sei eine Ergänzung durch IGeL
sinnvoll“.
(Quelle: Wikipedia) http://www.facharzt.de/content/red.otx/574,55319,0.html
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